Offener Brief: "Nicht nur Ja und Amen"

Wir sind Studierende der evangelischen Theologie und möchten in Zukunft im Pfarrdienst in Bayern tätig werden. Leider sehen wir derzeit viele Herausforderungen auf unserem Weg dorthin. Unter anderem scheint die Kommunikation zwischen Landeskirche und Studierendenschaft seit einiger Zeit festgefahren zu sein. Gerne wollen wir einen Schritt in eine gemeinsame Zukunft gehen und schreiben daher diesen offenen Brief.

1. Zuerst möchten wir die aktuelle Reform zum ersten Kirchlichen Examen nennen. Wegen der Rahmenprüfungsordnung der EKD mussten die einzelnen Landeskirchen in den vergangenen Jahren an einer Veränderung des Examens arbeiten. Einige Landeskirchen haben sich dazu entschieden, dass das Examen nun nicht mehr bei ihnen, sondern an den Universitäten abgelegt werden kann. Die bayerische Landeskirche hat jedoch eine Reform anstatt einer Auslagerung beschlossen. Leider wurde die Studierendenschaft an diesem Reformprozess nur wenig beteiligt, obwohl er uns ja elementar betrifft. Wir hätten uns eine vermehrte Berücksichtigung unserer Vorschläge gewünscht. So stellt vor allem die Tatsache, dass alle im Studium erarbeiteten Noten für das Examen nicht zählen, eine enorme Belastung dar. Am Ende eines Studiums von rund sechs Jahren entscheiden allein die Noten aus einer enorm gedrängten Prüfungsphase über das Bestehen oder Nichtbestehen. Die Abschlussprüfungen in anderen Landeskirchen weisen einen deutlich studierenden-freundlicheren Ablauf auf, da sie über einen längeren Zeitraum gestreckt sind. Um diesen enormen Druck zumindest zu verringern, hätten wir uns beispielsweise eine Einbringung von einzelnen ausgewählten Noten aus dem Studium in die Examensnote gewünscht. Diese Idee wurde jedoch leider nicht umgesetzt. 

So bleibt das Examen trotz der Reformen weiterhin im Vergleich zu anderen Landeskirchen deutlich schwerer und unattraktiver. 

 

2. Eine weitere Herausforderung stellt für uns die Erwartung eines explizit bayerischen Examens dar, um mit Sicherheit in das bayerischen Vikariat gehen zu können – so die Auskunft aus dem Prüfungsamt: “Kurzum, wenn Sie das Vikariat innerhalb der ELKB machen wollen, dann führt kein Weg am kirchlichen Examen der ELKB vorbei.” Obwohl zahlreiche Anwärter für den bayerischen Pfarrdienst derzeit an außerbayerischen Universitäten studieren, hält die Landeskirche also an ihrem Examen fest. Für uns ist es nicht nachvollziehbar, weshalb Examina anderer Landeskirchen nicht anerkannt werden. Dies ist in vielen anderen Landeskirchen hingegen bereits gängige Praxis. Eine Öffnung gegenüber nicht-bayerischen Abschlüssen wäre für uns wünschenswert. 

Besonders fraglich erscheint diese Haltung in Hinblick auf die geplante Kooperation im Vikariat mit der sächsischen Landeskirche. Die Studierendenschaft hat von diesen Entwicklungen über die Medien und nicht von landeskirchlicher Seite erfahren. Die Information darüber oder vor allem die Einbeziehung Studierender wäre für uns wünschenswert gewesen. Auch in Bezug auf die weitere Planung der Kooperation würden wir uns über Mitsprache freuen. Davon abgesehen wäre für uns eine Öffnung in Bezug auf das sächsische Examen aufgrund der geplanten Kooperation der beiden Landeskirchen nur logisch. Für uns ist es unverständlich, weshalb dieser Schritt nicht erfolgt ist.

3. Nicht nur das bayerische Examen ist wichtig auf dem Weg zum Vikariat, sondern auch das Absolvieren der Kirchlichen Studienbegleitung (KSB). Für diese hat man neben dem Studium und den damit verbunden Hausarbeiten in der vorlesungsfreien Zeit zwei einmonatige Praktika, zwei fünftägige Fortbildungen, drei Gespräche (für welche man bevorzugt nach Neuendettelsau reisen sollte) und zwei mehrtägige Seminare abzuleisten. Diese zusätzlichen Verpflichtungen, welche von der Kirche vorgegeben werden, gibt es in diesem Ausmaß in keiner anderen deutschen Landeskirche. Viele Studierende sehen diese Begleitung durch die Landeskirche zwar als große Chance an, gleichzeitig entsteht ein Spannungsfeld: Die Mitarbeitenden der KSB begleiten uns seelsorglich in unseren Anliegen, Wünschen und Herausforderungen im Studium, allerdings bewerten sie uns auch. Um in den bayerischen Pfarrdienst übernommen zu werden, ist eine abschließende Bewertung bezüglich unserer Eignung für den Pfarrdienst durch die KSB unabdingbar. Dieses Spannungsfeld zwischen Bewertung und Begleitung ist für viele Studierende eine unnötige Belastung. Leider schwächt dies das Vertrauen in die Mitarbeitenden der KSB, sowie der Landeskirche im Allgemeinen, obwohl das Programm der KSB grundsätzlich von vielen Studierenden als sehr wertvoll empfunden wird.

Abschließend möchten wir uns für einen engeren Austausch zwischen Landeskirche und Studierendenschaft aussprechen. Wir sind offen für einen runden Tisch mit Mitgliedern des Prüfungsamtes, der KSB, sowie Studierenden und Vikare.

Wir wollen weiterhin an unserem Traum festhalten, in Bayern in den Pfarrdienst zu gehen.

 

Mit besten Grüßen

Sabrina Bernard, Georg Benecke, Julian Boenisch, Vanessa Brendel, Sophia Danklmaier, Jan Ole Depenbrock, Lara Ebert, Tobias Friedlein, Jakob Florian, Lisa-Marie Gerle, Friederike Grünwald, David Hamel, Sven Hofmann, Samantha Isenmann, Fabian Kern, Katja Klein, Jakob Kreile, Hannah Lichtinger, Annika Maul, Eva Neumann, Maria Riegel, Fabian Rührer, Alina Sandner, Victoria Sperber, Hannah Stößlein, Franziska Thiele, Marius Thomas, Charlotte Wild, Florian Weber,
Amélie Weiherer
Weitere Unterstützende: Matthias Budesheim, Isabel Wais